Politische Situation in Kenia

Allgemeine Anmerkungen zur politischen Situation in Kenia

Kenia liegt an der Ostküste Afrikas auf Äquatorhöhe. Die Einwohnerzahl wird auf 34 Millionen geschätzt. Die Hauptstadt Nairobi hat nach einer Zählung von 2005 2.8 Millionen Einwohner. Kenia kann in zwei Klimazonen unterteilt werden: Im Hochland, in dem die Hauptstadt Nairobi und auch unser Projektgebiet auf einer Hohe von ca. 1600 bis 1800 m liegt, kommt es von April bis Juni und von Oktober bis November zu Regenperioden. Der Niederschlag fällt meist nachmittags, abends und nachts. Die Nächte sind relativ kühl. Die kälteste Zeit in dieser Region liegt im Juli und August mit etwa 10 °C täglichem Minimum. Die warme Periode liegt im Januar und Februar mit etwa 25 bis 26 °C täglichem Maximum. Weit mehr als die Hälfte der Kenianer leben von der Landwirtschaft, doch sind nur etwa 20 Prozent der Fläche des Landes nutzbar. Der Rest ist wegen karger Böden oder zu geringer Niederschläge meist Brach- oder Bergland.

Kenia galt lange Zeit als das „afrikanische Musterland“. Heute jedoch sind seine Probleme – trotz einiger in letzter Zeit eingetretener Verbesserungen – in allen Bereichen enorm. Dem Präsidenten D.T. arap Moi wird vorgeworfen, sein Land in Wirtschaftskrisen geführt und es zum repressiven Polizeistaat entwickelt zu haben. Korruption herrschte vor, und die Kriminalitätsrate stieg ständig. Moi wurde am 14.10.1978 zum Staatspräsidenten ernannt. Im Herbst 2002 fanden Wahlen statt, bei denen D.T. arap Moi aufgrund eines hohen Drucks aus dem Ausland nicht mehr kandidierte.

Nach einem unblutigen Wahlkampf wurde 2002 Mwai Kibaki zum Präsidenten gewählt. Mit ihm verbanden sich große Hoffnungen. In der ersten Zeit wurde er als Reformheld und Korruptionsgegner umjubelt. Kibaki holte den bekannten Antikorruptionskämpfer John Githango als Staatssekretär ins Präsidentenamt. 2006 jedoch hatten sich die Reformanstrengungen weitgehend zerschlagen, so dass die Weltbank Kenia einen Kredit von 215 Millionen sperrte. John Githango floh ins Ausland, da er um sein Leben fürchten musste.

Letztendlich gelang es der Regierung jedoch nicht, die herkömmlichen Machtgefüge, Klientelismus und Korruption wirksam aufzulösen beziehungsweise zu bekämpfen. Die gescheiterte Verfassungsreform im November 2005 war ein Rückschlag für die kenianische Reformbewegung. Kenianische Politiker setzten im Vorfeld der Wahlen Ende 2007 auf die Instrumentalisierung ethnischer Zugehörigkeit im politischen Machtkampf – mit gravierenden Auswirkungen auf die politische Stabilität in Kenia, wie die gewaltsamen Auseinandersetzungen Anfang 2008 zeigten. Die friedliche Lösung der Krise gelang unter Vermittlung von Kofi Annan und weiteren bedeutenden Persönlichkeiten Afrikas durch die Bildung einer großen Koalition. Die Zusammenarbeit der zuvor konkurrierenden Parteien verläuft bislang relativ stabil. Die Regierung arbeitet an der Umsetzung ihrer Vereinbarungen zur Reform von Wahlrecht, Verfassung und Landverteilung. Auch die Aufarbeitung der Gewalttaten nach der Wahl und der historischen Ungerechtigkeiten in Kenia sind Teil der nationalen Übereinkunft, die zwischen den Parteien ausgehandelt wurde. Der Prozess ist mühsam und schreitet nur langsam voran.

Gesundheitswesen

Präsident Moi’s Politik hat entscheidende negative Auswirkungen im Bereich des Gesundheitswesens gehabt. Während noch in den 70er Jahren das Kenianische Gesundheitssystem zu den bestentwickelten in den afrikanischen Ländern südlich der Sahara gehörte, nimmt es inzwischen in der von der WHO aufgestellten Rangordnung einen der untersten Plätze ein. Zu einer extremen Belastung ist u. a. der dramatische Anstieg der Zahl der an AIDS erkrankten bzw. mit dem HIV-Virus infizierten Personen geworden. In Kenia wurde 1984 der erste Fall der Immunschwäche-Krankheit bekannt. Anfang 2001 ging man nach einer Meldung der Agentur Reuters bereits von 2,2 Millionen Trägern des HIV-Erregers aus, davon waren 106.000 Kinder. Präsident Moi lehnte es jahrelang ab, eine gezielte AIDS-Kampagne zu unterstützen, wie sie vergleichsweise im Nachbarland Uganda mit beachtlichem Erfolg durchgeführt wurde. Erst 1999 wurde in Kenia – für alle Fachleute 10 Jahre zu spät – ein National AIDS Control Council zur besseren Koordinierung vorbeugender Maßnahmen ins Leben gerufen. Unter Kibaki fand dann in Nairobi der Internationale Aidstag statt, der zur Enttabuisierung des Themas beitrug und erhebliche Aktivitäten beförderte. Die Regierung zahlt heute für Aids-Kranke die antiviralen Medikamente, allerdings nicht die Behandlung der hinzutretenden Erkrankungen.

Bildungsbereich

Das kenianische Bildungssystem ist in 8 Jahre Grundschule, 4 Jahre Sekundarschule und 4 Jahre Hochschulausbildung gegliedert (8 – 4 – 4 – System). Der Grundschule vorgelagert ist zudem noch die sog. Nursery School für die 3 – 6-Jährigen. Der Besuch der staatlichen Primary School (ab 6 Jahre) ist seit 2003 kostenfrei. Eltern müssen aber weiterhin für Schulkleidung, teilweise für Lehrer und Lernmittel und für den Erhalt der Schule aufkommen. Am Ende des achtjährigen Besuchs der Primary School findet eine Abschlussprüfung statt (KCSE). Dies ist ein Auswahlinstrument und bestimmt, ob ein Schüler überhaupt zum Besuch einer Secondary School zugelassen werden kann. Vergleichbares wie für die Primary School gilt seit dem letzten Jahr auch für die Secondary School. Hier wird von einer partiellen Schulgeldbefreiung gesprochen. Der staatliche Anteil umfasst etwa 50 % der Kosten; hinzu kommen für die Eltern noch die Kosten für Prüfungen und ergänzenden Unterricht. Auch am Ende der Secondary School findet wiederum eine Prüfung statt (KCSE).

Um einige Zahlen zu nennen: Professor Karega Mutaki, Staatssekretär im Bildungsministerium, gibt an, dass zur Zeit der Unabhängigkeitserklärung (1963) 891533 Schüler die Primary School besuchten, heute sind es 8,5 Millionen. Die Zahl der Schüler der Secondary School erhöhte sich von 30.000 (1963) auf 1,5 Millionen heute. Auch die Vorschulerziehung erreicht heute statt 483148 (1982) 1,2 Millionen Kinder, obwohl sie nicht staatlich unterstützt wird. Eines der bedeutendsten Ziele der neuen Initiative im Bildungssystem ist die Reduzierung der „drop-outs“ während der ersten acht Jahre.

Auch an der Entwicklung im Hochschulbereich kann die hohe Bedeutung, die die Kenianer der Ausbildung beimessen, verdeutlicht werden. Es gibt sieben staatliche und 23 private Universitäten. Darüber hinaus gibt es noch acht private Universitäten, die jedoch nur über eine begrenzte zeitliche Zulassung verfügen.

Stand 2009